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Letzte Aktualisierung: 27.07.2014 Kosmetisches Update: 12.04.2020

Einen Tag im Leben des Kranführers Marcel Zollinger, 1981

• Erschienen im Tages Anzeiger Magazin 1981, Zusammenfassung von P. Meyer
• Baustelle im Zürcher Niederdorf
• Eingesetzter Kran Liebherr 90.2 HC, Ausladung 45 m, Hakenhöhe ca. 48 m
• Bauunternehmung Firma Piller & Co, Zürich

• Zuerst bespreche ich am Morgen um 7 Uhr mit dem Polier das Tagesprogramm.
• Heute hat er mir gesagt, dass laufend jede Stunde eine Mulde kommt.
• Zwischendurch musste ich dann noch Träger versetzten.
• Das hätten Sie sehen sollen!
• Die kleine Gasse ist etwa 3 Meter breit und oben zwischen den Dächern sind es noch etwa 80 Zentimeter: Und da hinunter muss ich dann die tonnenschweren Eisenträger herablassen.
• Es muss einfach sehr ruhig sein und ich darf nicht nervös werden.
• Wenn es windet, wird es schwierig und wenn man dann noch nervös wird, ist es fertig.
• Wenn ich im Kran sitze, bediene ich mit der rechten Hand den Hub.
• Der Hebel hat sechs Stufen, damit ich fein heben kann.
• Man muss dann vorsichtig Stufe um Stufe anziehen.
• "Tac, tac, tac, tac", nicht "rämm" mit einem Ruck, sonst ist der Kran bald alt.
• Links habe ich den Hebel für die Laufkatze.
• Die Laufkatze ist der Wagen auf Rollen, der auf dem Ausleger vor - und rückwärts fährt.
• Daran hängt der Flaschenzug mit der Flasche, das ist das Gewicht am Seilende mit dem Haken daran.
• Wenn ich den Hebel für die Laufkatze nach rechts oder links kippe, dann schwenkt der Kran.
• Die erste Mulde war dann so etwa um halb acht Uhr voll.
• Dann haben wir sie mit vier Seilen angehängt und als ich Sie anhob, da war sie schon zu schwer.
• Da hatte der Bagger die Mulde schon zu stark gefüllt.
• Diese Sandsteine der alten Häuser sind eben sehr schwer.
• Als ich die Last hob, leuchtete eine Lampe auf meinem Steuerpult auf.
• Wenn ich noch mehr ziehen würde, würde ein Horn ertönen und alles würde sich ausschalten.
• Ich merke das zwar sofort, wenn etwas zu schwer ist, ich muss nicht einmal auf die Lampe sehen.
• Wenn ich die Last anhebe, senkt sich der Ausleger etwa um 2 Meter.
• Er steht nicht waagrecht, sondern zeigt leicht nach oben.
• Wenn er dann waagrecht ist, habe ich etwa 1 Tonne am Haken.
• Wenn es dann den Ausleger wie eine Weidenrute nach unten biegt, habe ich die 2 Tonnen angehängt, die ich maximal am ässersten Ende des Auslegers anhängen darf.
• Je weiter innen die Last hängt, umso mehr Gewicht kann ich heben.
• Dann habe ich also die Mulde aus dem Inneren des Abbruch Hauses herausgehoben und auf die Strasse gestellt.
• Um viertel vor acht Uhr ist der LKW gekommen und hat die Mulde abtransportiert.
• Gleich darauf ist ein Lastwagen mit Stahlträgern gekommen.
• In der schmalen Gasse müssen mir die Arbeiter den Stahlträger ganz ruhig halten, wenn ich die Last hebe und dann schnell hoch damit nach oben.
• Wenn ich jeweils etwas senke und mir die Last schräg hängt, stosse ich ganz fein am Blitzableiter an, nur ganz leicht, sonst würde es den umhauen.
• So kann ich dann die Last richten und in die Gasse hinunterlassen.
• Um 9 Uhr habe ich 10 Minuten Pause.
• Ich klettere dann aber nicht hinunter.
• Dann ging es heute pausenlos weiter und um 12 Uhr machen wir jeweils eine dreiviertel Stunde Mittagspause.
• Wenn das Wetter schön ist, dann lege ich mich oft auf das Gegengewicht zum Ausruhen und esse etwas.
• Ich klettere selten vom Kran zum Mittagessen.
• Gelernt habe ich Schreiner Maschinist.
• Mein Bruder, der Maurer gelernt hat, sagte zu mir: Komm doch auf den Bau, da verdienst Du viel mehr.
• Aber eigentlich wollte ich Feinmechaniker werden, daran hätte ich Freude gehabt.
• Aber ich bin in der Schule nicht so gut gewesen.
• Das heisst, ich wäre schon gut gewesen, aber ich habe einfach nicht lernen gewollt.
• Wenn der Lehrer gesagt hat was wir tun sollen, habe ich es eben nicht getan.
• Dafür gebe ich mir jetzt grosse Mühe wenn ich etwas mache, dann klappt es auch.
• Angst habe ich auf dem Kran eigentlich nie.
• Am Anfang, ganz am Anfang, als die Leute mich angelernt haben, da hatte ich so Träume, ich sei mit dem fahrbaren Kran in die Schienen Puffer gefahren und dann sei der Kran umgestürzt.
• Ich hatte da oft solche Träume.
• Um fünf Uhr abends hören wir auf mit Arbeit.
  
  • Dann löse ich die Schwenkbremse, damit der Ausleger sich im Wind drehen kann, falls in der Nacht ein Sturm kommen sollte und steige hinunter.
  • Manchmal habe ich einen müden Kopf, aber Kranführer ist eben etwas Spezielles, das ist natürlich nicht zu vergleichen mit einer anderen Arbeit!

Marcel Zollinger in der geräumigen Kranfürerkabine des Liebherr 90.2 HC

Hier steht er auf dem Ausleger bei der Laufkatze Trommel und dem Motor

Bei den Ausleger Halteseilen bei einer Ausladung von ca. 30 m wirkt er nur noch ganz klein.